Erläuterungen zur Karte Nordwestgermaniens zu spätaugusteisch-frühtiberianischer Zeit


Die Römer beginnen ab 17 / 16 vor Chr. (Niederlage des Lollius) zur Sicherung ihrer Provinz Gallien mit dem Bau von Legionslagern und Kastellen entlang des Rheins. Zur Zeit des Drusus (12 - 9 vor Chr.) bestehen folgende Legionslager, Kastelle und befestigten Siedlungen (Kartenausschnitt, von Nord nach Süd):

Noviomagus (Stadt Nijmegen, deutsch: Nimwegen, Provinz Gelderland, NL), Castra Vetera, Vetera I (Stadt Xanten, Kreis Wesel, NRW), Asciburgium (Asberg, Stadt Moers, Kreis Wesel, NRW), Novaesium (Stadt Neuss, Rhein-Kreis Neuss, NRW), Oppidum (Ara) Ubiorum (Stadt Köln, NRW), Bonna (Stadt Bonn, NRW) und Mogontiacum (Stadt Mainz, Rheinland-Pfalz).

Ebenfalls zu dieser Zeit gelingt es Rom, die Donau als nördliche Grenze zu den Germanen zu festigen. Von 12 vor Chr. bis 16 nach Chr. versuchen die Römer das ostrheinische Germanien ihrem Weltreich einzuverleiben. Die Elbe soll die nach Osten vorgeschobene Grenze des Reiches werden. Auf Märschen und mit Schiffen auf Lippe, Ems, Weser und Elbe kommen die Römer ins Landesinnere. Im Süden werden Lahn und Main genutzt. Sie bauen Legionslager und Kastelle im Innern Germaniens, die während der Wintermonate nur von einer Stammbesatzung, so genannten Vexillationseinheiten, verteidigt werden. Insgesamt dienen diese Lager zum Aufbau fester Strukturen im Land - nicht selten mit militärischen Mitteln. Zum Teil werden auch nur für die frostfreie Zeit errichtete, provisorische Lager genutzt. Die Römer überwintern vor allem in ihren Rheinlagern.

Von den Römern in Germania Magna genutzte Örtlichkeiten sind (Kartenausschnitt):


Bentumersiel (Ems, Gemeinde Jemgum, Landkreis Leer, Niedersachsen):

Lande- und Stapelplatz. Funde deuten darauf hin, dass hier die Flotte des Germanicus 15 nach Chr. gelandet ist.




Barkhausen (Weser, Stadt Porta Westfalica, Kreis Minden-Lübbecke, NRW):

Römerlager aus der Zeit um Christi Geburt. Möglicherweise geschanzt im Zusammenhang mit der Schlacht von Idistaviso 16 nach Chr. oder sogar Sommerlager des Varus im Jahre 9 nach Chr.




Sparrenberger Egge (Teutoburger Wald, Stadt Bielefeld, NRW):

Begonnener und wahrscheinlich als Folge der Varusschlacht nicht beendeter Bau eines römischen Wachtturms (Kreisgrabenanlage).




Holsterhausen (Lippe, Stadt Dorsten, Kreis Recklinghausen, NRW):

Sehr beliebtes Marschlager der Römer. Lediglich Funde, die eine Nutzung in der Zeit des Germanicus (14 - 16 nach Chr.) belegen, fehlen. Auch in dieser Zeit ist eine Nutzung aber wahrscheinlich.




Haltern (Lippe, Stadt Haltern am See, Kreis Recklinghausen, NRW):

Nach der Drususzeit (12 - 9 vor Chr.) errichtetes Haupt- und Verwaltungslager für das nordwestliche Germanien.




Olfen (Lippe, Stadt Olfen, Kreis Coesfeld, NRW):

2011 entdecktes Versorgungslager der Römer. Es wurde von 11 - 7 vor Chr. genutzt.




Oberaden (Lippe, Stadt Bergkamen, Kreis Unna, NRW):

Größtes und bedeutendstes Legionslager während der Drususzeit (12 - 9 vor Chr.), Zweilegionenlager (12.000 Legionäre und Hilfstruppen).




Beckinghausen (Lippe, Stadt Lünen, Kreis Unna, NRW):

Uferkastell wegen des Wechsels der römischen Straße vom Nord- an das Südufer der Lippe in unmittelbarer Nähe von Oberaden. Zu dessen Zeit wohl auch bestehender Stapelplatz (Entladestation).

Hinweis zum Web-Link: Kapitel Uferkastell Beckinghausen, S. 3 ff.




Anreppen (Lippe, Stadt Delbrück, Kreis Paderborn, NRW):

Versorgungslager (4 / 5 - 9 nach Chr.), evtl. Winterlager des Tiberius 4 / 5 nach Chr. Erneute Nutzung in der Germanicuszeit (14 - 16 nach Chr.) nicht auszuschließen.




Hedemünden (Werra, Stadt Hann. Münden (früher Hannoversch Münden), Kreis Göttingen, Niedersachsen):

Stand- bzw. Versorgungslager aus der Drususzeit (12 - 9 vor Chr.) ähnlich Rödgen/­Wetterau (s. u.). Weiterbestehen bis 9 nach Chr. bzw. erneute Nutzung in der Germanicuszeit (14 - 16 nach Chr.) nicht auszuschließen.




Waldgirmes (Lahn, Gemeinde Lahnau, Landkreis Lahn-Dill-Kreis, Hessen):

Römische Zivilsiedlung mit Forum und vergoldetem Reiterstandbild Kaiser Augustus'. Nach der Schlacht im Teutoburger Wald 9 nach Chr. aufgegeben.




Rödgen (Taunus, Stadt Bad Nauheim, Landkreis Wetteraukreis, Hessen):

10 vor Chr. gegründetes Versorgungs- und Nachschublager auf dem Weg zur Elbe (über Hedemünden, s. o.).




Marktbreit (Main, Landkreis Kitzingen, Bayern):

Legionslager aus der Zeit der fortgeschrittenen Phase der augusteischen Germanenkriege (5 vor - 9 nach Chr.).




Weitere Örtlichkeiten sind:


Mattium (Schwalm-Eder-Kreis, Hessen):

Hauptort der Chatten, eines der an der Varusschlacht beteiligten Germanenstämme. Mattium bezeichnet ein größeres Gebiet, das die wichtigsten rechtlichen und religiösen Stätten und Einrichtungen des Stammes umfasste. Zerstörung 15 nach Chr. durch Germanicus.


Kalkriese (Stadt Bramsche, Landkreis Osnabrück, Niedersachsen):

Antiker Schlachtort, der im Zusammenhang mit der Varusschlacht steht. Forscher aus Kalkriese sind sich einig: hier hat die Schlacht bzw. ein Teil von ihr stattgefunden. Für Widerspruch sorgt z. B. ein Fundstück der 1. Legion, die an der Schlacht nicht beteiligt ist, aber zum Heer des Germanicus gehört.

Vor allem die Beurteilung der Münzfunde schränkt hier die Zahl der möglichen Auseinandersetzungen zwischen Römern und Germanen unter Berücksichtigung der schriftlichen Überlieferungen stark ein.






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